Nach § 9 Satz 2 SGB X ist das Verwaltungsverfahren u.a. zügig durchzuführen. An diese gesetzliche Verpflichtung pflegen sich die Verwaltungen oft nicht zu halten. Dagegen kann der Bürger sich durchaus wehren. Wird ein Antrag auf Bewilligung einer Sozialleistung nicht innerhalb von 6 Monaten beschieden und kann die Verwaltung hierfür keine nachvollziehbaren Hinderungsgründe angeben, kann beim Sozialgericht Untätigkeitsklage eingereicht werden. Ein Widerspruch muss grundsätzlich zur Vermeidung einer Untätigkeitsklage binnen 3 Monaten beschieden werden. Für die Untätigkeitsklage muss die Rechtsschutzversicherung grundsätzlich Kostenzusage erteilen, sofern Sozialgerichtsrechtsschutz versichert ist.
Es ist bei den Sozialgerichten übliche Praxis, dass kurz nach Eingang des für die Klägerseite ungünstigen medizinischen Gutachtens angefragt wird, ob man die Klage im Hinblick auf das Ergebnis der Begutachtung zurücknimmt. Nach hiesiger Erfahrung kann man sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht vor der Anfrage das Gutachten wirklich inhaltlich kritisch überprüft hat. Eine solche kritische Überprüfung durch das Gericht kann man jedenfalls veranlassen, wenn man auf einem Gerichtstermin (Erörterungstermin oder mündliche Verhandlung ) besteht. Denn in der Verhandlung muss das Gericht “Farbe bekennen” und darlegen, aus welchen Gründen es das Gutachten für zutreffend hält, um den Kläger davon überzeugen zu können, dass eine Klagerücknahme angebracht ist. Auf terminlose Erledigung durch Klagerücknahme sollte man sich nur einlassen, wenn das Gericht vorher hierzu einen ausführlichen, gut begründeten und nachvollziehbaren Hinweis erteilt hat, damit man überhaupt verstehen kann, warum für die Klage keine Erfolgsaussichten mehr bestehen.
Bei jahrelangen immer wiederkehrenden Rückenbeschwerden oder sonstigen Beschwerden im Skelettsystem oder bei Kopfschmerzen kann es sich um ein chronifiziertes Schmerzsyndrom handeln. Der
chronische Schmerz stellt ein eigenes Krankheitsbild dar, zu dessen Charakteristik gehört, mit einer Änderung im Gesamtverhalten einer Person und seiner Lebensführung verbunden zu sein. Wesentliche
neue Erkenntnisse kann in einem solchen Fall ein spezielles schmerzmedizinisches/schmerztherapeutisches Sachverständigengutachten bringen.
Mit der Änderung der Weiterbildungsordnung für die Nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte vom 27.10.2001, ministeriell genehmigt am 13.06.2002 wurde die gebietsbezogene Allgemeine Schmerztherapie
eingeführt. Dies bedeutet, dass die Allgemeine Schmerztherapie Weiterbildungsgegenstand bei fast sämtlichen Fachgebieten ist z.B. bei der Allgemeinmedizin, der Gynäkologie, der Inneren Medizin, der
Orthopädie etc..
Eine besondere Spezialisierung und Sachverständigkeit wird durch den Erwerb der Zusatzbezeichnung “Spezielle Schmerztherapie” erworben.
Die spezielle Schmerztherapie umfaßt die gebietsbezogene Diagnostik und Therapie chronisch schmerzkranker Patienten, bei denen der Schmerz seine Leit- und Warnfunktion verloren und einen
selbständigen Krankheitswert erlangt hat.
Als besonders sachverständig für das Gebiet der Schmerzmedizin/Schmerztherapie können deswegen nunmehr nur noch Ärzte gelten, die die Zusatzbezeichnung “Spezielle Schmerztherapie” führen dürfen oder
aber auch die Anästhesisten, in deren Gebiet die Schmerztherapie schon früher zur Weiterbildung gehörte.
Wer also unter einem chronischen Schmerzsyndrom leidet, sollte im Sozialgerichtsverfahren sich nicht mit bloßer orthopädischer Begutachtung begnügen, sondern auf zusätzlicher Begutachtung durch einen
entsprechend ausgewiesenen Schmerzmediziner bestehen.
Schwerbehinderte können auch jetzt noch mit 60 Jahren ohne Abschläge in Rente gehen. Sie müssen lediglich beim Versorgungsamt beantragen und nachweisen, dass sie schon spätestens am 15.11.2000
schwerbehindert waren (mindestens 50 %). Anderslautende Bescheide der Versorgungsämter können nach § 44 Sozialgesetzbuch X noch innerhalb 4 Jahren rückwirkend korrigiert werden. Wie bisher ist weiter
Voraussetzung, daß man mindestens über 35 Jahre rentenrechtlicher Zeiten verfügt.
Auch die Geburtsjahrgänge vor 1942 sind weiterhin geschützt. Sie erhalten die Altersrente für Schwerbehinderte ungekürzt mit 60 Jahren, wenn 45 Jahre mit Pflichtbeiträgen in der Rentenversicherung
belegt sind. Für diesen Personenkreis reicht es also aus, wenn die Schwerbehinderung erst nach dem 15.11.2000 festgestellt worden ist.
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